Tokio Hotel waren noch immer nicht in Tokio, aber ein Jahr lang auf Rückzug aus der Öffentlichkeit. Im SPIEGEL-ONLINE-Interview sprechen Bill und Tom Kaulitz über ihr Popstar-Leben, das neue Album und das Problem, wenn man plötzlich die Nase von sich selbst voll hat.
SPIEGEL ONLINE: Einige der neuen Songs auf Ihrem neuen Album "Humanoid" handeln wieder von einer unbestimmten Sehnsucht, diesem Gefühl der inneren Zerrissenheit, zwischen zwei Welten zu leben. Glauben Sie, dass auch ältere Menschen sich mit diesen Themen noch identifizieren können?
Bill Kaulitz: Zwischen den Welten haben wir schon als Kinder gelebt. Da wo wir aufgewachsen sind, haben wir uns oft wie Aliens gefühlt, tun wir heute auch noch oft. Das Gefühl hat uns immer begleitet. Vom Privatleben, wovon nicht so wirklich viel übrig ist, bis hin zum Bandalltag. Mein Leben ist voll von Mauern und ich bin zerfressen von Sehnsucht in alle möglichen Richtungen. Aber ich glaube, eine unbestimmte Sehnsucht tragen viele Menschen in sich, das hat mit Alter nichts zu tun.
SPIEGEL ONLINE: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass man selbst ein paar gescheiterte Beziehungen in seinem Leben gehabt haben sollte, um über zerbrochene Liebe singen zu können?
Bill Kaulitz : Das sollen die Leute mir ruhig weiter vorwerfen. Oder meinen Sie, ich soll jetzt mal so'n paar richtig herzzerreißende Trennungsgeschichten aus meiner Vergangenheit erzählen, damit das endlich aus der Welt ist?
SPIEGEL ONLINE: Nur zu.
Bill Kaulitz : Vergessen Sie's!
SPIEGEL ONLINE: Bill, Sie sind 2006 bei einer Sendung auf ProSieben zum "nervigsten Deutschen" gewählt worden. Schmerzt Sie so etwas?
Bill Kaulitz: Nö, ich kannte diese Sendung nicht, aber ich bin nachher natürlich darauf angesprochen worden. Aber da wurden mir doch schon ganz andere Sachen an den Kopf geworfen. Unabhängig davon muss ich sagen, dass ich im letzten Jahr unsere eigenen Fressen selbst nicht mehr sehen konnte. Wir haben dann auch versucht, uns ein Jahr lang aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen und uns dann mit unseren Produzenten im Studio einzuschließen und hinterm Mischpult zu verschanzen.
SPIEGEL ONLINE: Ihre neue CD "Humanoid" klingt noch etwas opulenter, erwachsener und besser produziert als die beiden ersten Platten. Wieviel haben Sie selbst, wieviel hat das Produzenten-Team zum Album beigesteuert?
Tom Kaulitz: Beim Songwriting hat sich nicht viel geändert, wir haben die Songs wieder zusammen mit unseren Produzenten geschrieben. Wir haben diesmal nur mehr experimentiert und uns mehr Zeit gelassen. Meistens waren es Textideen von Bill, auf die wir dann zusammen alles aufgebaut haben.
Bill Kaulitz: Wir haben uns viel mehr und sehr detailverliebt in die Produktion eingebracht. Wir haben bei diesem Album zum ersten Mal co-produziert.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es etwas, das Ihnen im Nachhinein an "Schrei" und "Zimmer 483" nicht mehr gefällt?
Bill Kaulitz: Also richtig albern finde ich ja, wenn man beim zweiten oder dritten Album sagt: "Das vorher waren ja noch nicht wirklich wir, aber jetzt auf diesem Album haben wir uns endlich gefunden, jetzt stecken wir da wirklich drin."
Tom Kaulitz: Und das dann auch noch als Begründung nehmen, das neue Album nach sich selbst zu benennen. Nein, wir mögen unsere alten Alben. Und wir wollen uns von ihnen auch nicht distanzieren. Wenn wir das Gefühl hätten, dass wir das müssten, dann hätten wir ein Problem.
Bill Kaulitz: Wir haben uns bei "Humanoid" nicht vorgenommen, irgendetwas an der Art, Platten aufzunehmen, zu ändern. Dass wir Sachen anders machen, haben wir erst nach und nach beim Produzieren gemerkt. Das Einzige, was wir uns vorgenommen hatten, war, das Album nicht abzugeben, bevor wir es selbst lieben, egal wie viel Zeitdruck uns die Plattenfirma macht.
Tom Kaulitz: Und das haben wir dann auch durchgezogen. Das gab ganz schön Stress hinter den Kulissen wegen des Timings der Albumabgabe.
SPIEGEL ONLINE: Allein schon durch Ihren Bandnamen wecken Sie Assoziationen zum J-Pop, zu Visual Kei und fernöstlichem Glam. Wahren Sie inzwischen schon einmal in Tokio und vielleicht sogar im Viertel Harajuku, wo sich die Cosplayer und Gothic-Freaks treffen?
Tom Kaulitz: Wir waren leider immer noch nicht in Tokio! Aber wir lieben die Stadt, auch ohne dort gewesen zu sein. Als Kids haben wir immer davon geträumt, eines Tages in Tokio zu sein. Irgendwie will man sich den Traum aber auch nicht erfüllen. Dann ist er ja ausgeträumt, und das will ich mir lieber noch aufheben. Für mich ist es immer wichtig, Ziele und Wünsche vor mir zu sehen.
Bill Kaulitz: Außerdem ist die Stadt ja vielleicht gar nicht so geil wie wir glauben. Und dann: wieder ein Traum zerstört.
German rockers Tokio Hotel just released their new album, Humanoid, this week -- the follow up to their platinum 2008 album, Scream.
"We took our time with this album until we had the perfect feeling about the songs and the entire production," the band's frontman Bill Kaulitz says. "We're totally in love with Humanoid and hope it will make up for the fans' long wait!"
And fans are excited! On the day it came out, the word Humanoid even hit Twitter's trending topics!
[size=150]Hamburg (dpa) - Die Jungrocker von Tokio Hotel gehen mit ihrem neuen Nummer-Eins-Album «Humanoid» im Februar 2010 auf Europatournee. Die ersten Städte in Deutschland sind Hamburg und Oberhausen, wie Manager David Jost der dpa sagte. Danach folgen Paris, Brüssel, Helsinki, Wien, Prag, Moskau, Nizza, Barcelona, Madrid, Lissabon, Mailand und Rom. Die genauen Termine und weitere Tourstädte sollen in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. In der aktuellen Hitparade schoss die Band mit «Humanoid» von null an die Spitz.
Tokio Hotel bleiben auch mit ihrem dritten Album "Humanoid" Ziel des Hasses und der Verehrung
Kreischfaktor 100 Prozent - wahrscheinlich keinem anderen Album fiebern die deutschen Fans derzeit derart entgegen wie dem dritten Werk der Magdeburger Megastars Tokio Hotel. Wobei ihre Lieblinge mittlerweile global und in ganz anderen Kategorien denken: Nach "Schrei" und "Zimmer 483" macht sich das Quartett mit "Humanoid" auf, den internationalen Markt kräftig aufzumischen. Die Zwillinge, Sänger Bill und Gitarrist Tom Kaulitz, die Anfang September ihren 20. Geburtstag feierten, sind bester Dinge, dass ihnen das auch gelingen wird. Und reden im Interview über Freiheiten, die Weisheit des Alters und den Hass, der ihnen teilweise entgegenschlägt.
teleschau: Ihr veröffentlicht Euer Album auch auf Englisch. Habt ihr diesmal also vor allem den internationalen Durchbruch im Blick?
Bill Kaulitz: Wir haben ja schon die Songs des letzten Albums später auf Englisch produziert, insofern war das jetzt nicht neu für uns. Aber es stimmt schon, wir haben es diesmal von vornherein so geplant, dass es jeden Song auch auf Englisch geben sollte, und so haben wir auch geschrieben. Das war eine Menge Arbeit.
teleschau: Eigentlich müsstet Ihr ja gar nicht mehr auf Englisch singen, oder? Eure Fans im Ausland belegen an den Schulen wegen Euch doch sowieso schon Deutschkurse ...
Bill: Ja, das ist schon cool! Aber es war ja schon immer unser Langzeitziel, mit unserem Produzententeam eine internationale Karriere aufzubauen. Wir wollen einfach, dass jeder überall auf der Welt unsere Songs verstehen kann.
teleschau: Ihr habt ein Jahr lang an den neuen Songs gebastelt. Es heißt, das habe so lange gedauert, weil Bill in seinen Taschen ständig längst vergessene Notizzettel mit Songideen findet, die Ihr dann ausprobiert ...
Tom Kaulitz: Die Produktion hat so lange gedauert, weil wir einfach eine Menge Ideen hatten. Es gab verschiedene Demos, zu denen Bill gesungen hat. Und wenn man eine neue Idee gefunden hat, wurde die halt ausprobiert.
Bill: Ich habe immer einen unglaublichen Haufen Zettel in meinen Taschen, auf denen alle möglichen Ideen gekritzelt sind. Das ist immer ein totales Chaos. Aber ich komm damit klar.
teleschau: Zettel? Ihr seid doch die digitale Generation, die Notizen eher ins Handy hackt?
Bill: Ja, das Handy nimmt man auch schon mal zur Not. Und klar, hab ich die meisten Ideen auf dem Computer. Aber am schnellsten geht das echt, wenn man eine Idee aufschreibt, wenn einem unterwegs mal was in den Kopf kommt, oder so.
teleschau: Für den Videodreh zur Single "Automatisch" seid Ihr nach Südafrika gereist und dort in teuren Sportwagen herumgeheizt. Ein Traum?
Tom: Ja, das stimmt. Das war schon ziemlich cool. Den Führerschein haben wir ja jetzt schon ziemlich lang - okay - Gustav hat seinen schon wieder verloren (beide lachen) - aber Autofahren ist schon eine total coole Sache. Denn es ist immer so viel los bei uns, da ist das so ein kleines Stückchen Freiheit. Wenn man allein im Auto sitzt und herumdüst, ist man mal wirklich nur für sich und kann das total genießen. Das ist schon eine enorme Freiheit.
teleschau: Ein Teil Eures Erfolgs basiert auf Eurem Look. Bill, Du hast Dich unlängst von Modezar Karl Lagerfeld fotografieren lassen. Ist es nicht krass, wenn jemand, der Dein Großvater sein könnte, Deinen Look gut findet?
Bill: Überhaupt nicht! Im Gegenteil. Seit wir 15 sind, arbeiten wir mit Leuten in unserem Umfeld zusammen, die viel älter sind als wir. Das ist für uns ganz natürlich. Und auch ziemlich cool, denn dadurch lernt man mal ganz andere Sichtweisen kennen. Ich bin jedenfalls sehr stolz darauf, dass jemand wie Karl Lagerfeld das gemacht hat.
teleschau: Ihr habt Euren 20. Geburtstag im Heidepark Soltau gefeiert, wolltet aber ursprünglich "ein Kaffeekränzchen mit 60-Jährigen" abhalten. Ein Scherz, oder?
Bill: Nein, echt nicht. Im Gegenteil, wir finden es cool mit älteren Menschen zu reden, weil da immer ganz andere Themen angesagt sind, als über die man sich sonst mit Gleichaltrigen unterhält. Deswegen haben wir das auch mit Ingrid und Klaus gemacht - du kennst die aus dem Fernsehen, oder?
teleschau: Dieses Rentner-Pärchen aus "TV total"?
Bill: Genau. Die da immer alles kommentieren. Mit denen Kaffee zu trinken und über alle möglichen Sachen zu plaudern, war sogar ziemlich interessant.
teleschau: Über welche Themen denn?
Bill: (grinst) Tja, das kann man ja dann bei MTV und VIVA sehen!
teleschau: Ihr habt inzwischen aber auch die Kehrseite des Ruhms kennengelernt: Es gab aufdringliche Fans, Ihr musstet mehrfach umziehen, dann Toms Rangelei an der Tankstelle und die Schlägerattacke gegen Gustav. Eine Menge unschöner Schlagzeilen.
Bill: Es gibt eben auch ganz viele Leute da draußen, die uns hassen. Darüber waren wir uns immer bewusst. Außerdem kennen wir das schon aus unserer Jugendzeit. Tom und ich wurden mit neun Jahren schon angegriffen und hatten Ärger mit 1.000 Leuten, die uns hassten. Und wenn man erfolgreich ist, wird man halt auch automatisch gehasst. Bei uns passiert das jetzt in einem noch größeren Rahmen. Aber das macht es eben auch zu dem, was es ist, und das macht das Ganze ja auch so besonders. Eigentlich bin ich ganz dankbar, dass es so viele Leute gibt, die so negativ auf uns reagieren.
Tom: Solange man solche Emotionen bei Leuten auslösen kann, muss man sich keine Sorgen machen.
Tokio Hotel Nevermind 23.10.2009, 17:24, Text: Autor unbekannt, Sandra Grether, Kerstin Grether
Zwillinge sind eine Herausforderung. Weil so gleichstark, proto-verwegen und Verwechslungsgefahr droht. Seit Jahren begeistern und polarisieren auf der Doppelidentität nunmehr Tokio Hotel. Kerstin und Sandra Grether, die Intro-eigene Zwillingsmacht, trafen die beiden in Hamburg und erklären das Phänomen, die Musik und den ganzen Rest.
"Viele Leute haben ja ein Bild von uns und reagieren dann ganz automatisch. Vor allem in Begegnungen, die den ganzen Tag automatisch ablaufen." (Bill Kaulitz) Was aber wohl Außerirdische sagten, wenn sie von einem neugierigen Planeten auf die Erde geschickt würden, um das Phänomen Tokio Hotel zu beschreiben? Gut möglich, dass sie in den ersten beiden Alben jener "beliebtesten und unbeliebtesten Band Deutschlands" (FAZ) viel Schönes entdecken könnten. Denn seit Nenas epochalem Frühwerk ist es keiner anderen deutschsprachigen Band mehr gelungen, so alltags-rebellischen Fantasy-Rock für eine junge, vornehmlich weibliche Zielgruppe zu produzieren. Noch dazu in einem originellen Stilmix, der durchaus auch ästhetisch mehr Ansprüche an sich selbst stellt als bloßes Funktionieren.
What It Feels Like For A Girl, Boy Vor allem aber wären jene Außerirdischen wohl äußerst verblüfft darüber, dass ein Lederjacke zu Lidstrich und Langhaar-Dreadlocks tragender Pop-Sänger plötzlich wieder Himmel und Hölle in Bewegung setzt und polarisieren kann - nur weil es ihm Spaß macht, auch seine weiblichen Attribute zu betonen.
Die Außerirdischen würden sich womöglich an die Anfänge dessen erinnern, was wir Pop-Kultur nennen: an die Dekade nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner das Wort "Teenager" als Marketingbegriff erfanden und die Presse den Massenhysterie auslösenden Frank Sinatra ständig anpöbelte, weil er keine Uniform trug und nicht im traditionellen Sinne maskulin wirkte. Denn jetzt mal angenommen, auf dem fernen Planeten gäbe es Fernsehen, Medien und Popkulturgeschichte: Würde unseren Außerirdischen dann nicht auffallen, dass die Verwischung von Geschlechtergrenzen doch jahrzehntelang zu den leichteren Übungen im Feld der Pop-Kultur gehörte? Vom bleichen, bisexuellen Bowie bis zu Green Days' Billie Joe Armstrong: Der "Crush With Eyeliner" (R.E.M.) hat beim männlichen Publikum stets für höchste Credibility-Werte gesorgt und in den künstlichen angloamerikanischen Galaxien des Pop schon lange keinen mehr aufgeregt. Bis zu Tokio Hotels mutigem Ritt durch den Monsun der deutschen Authentizitätshölle. Da gefriert unseren Außerirdischen bei ganzem Leib und mechanischer Seele mal kurz das Blut in den Adern. Sie stellen sich vor: zwei schillernde, coole Fabelwesen auf einem ostdeutschen Kleinstadtschulhof, circa 2005, im tolerant-mobbenden Aggropocherwunderland, in diesen sumpfigen Nullerjahren der großen Koalitionen, mit all den Erwachsenen drum herum, die Authentizität und Vernunft rufen, um den ganzen eigenen Wahnsinn nicht zu fühlen ...
Und was kann man einem 15-jährigen Mädchen, das mit Internet-Pornografie und Frauen-verhöhnenden Rap-Nummern in den Charts aufgewachsen ist - in einer Zeit also, in der "Hure" zu einem anderen Wort für Frau werden konnte -, dann anderes wünschen als diesen romantischen, gitarrenriffigen, sexy Schrei nach Selbstbestimmung, in den Tokio Hotel ihre Erfahrungen mit alltäglichen Widersprüchen auf Provinzschulhöfen bereits mit eingeschrieben haben? Ja, Individualismus ist ein hohes Gut im Universum Tokio Hotel. Ist das, womit das verschieden gestylte Zwillings-Gespann das Format "Teenager-Band" gesprengt und neu erfunden hat. Ist das, was die zumeist weiblichen Fans wirklich interessiert: Wie macht man das - einen eigenen Weg gehen?
Denn man hätte es sich angesichts der enormen Polarisierungskräfte der vier Emoboys ja schon denken können: Die Fans von Tokio Hotel sind keinesfalls nur kreischende Honks. Sie können ihr Fantum und die Band oft kritisch und humorvoll reflektieren, wie man schnell bemerkt, wenn man sich durch die Fan-Foren klickt. Was all die höhnischen und erschreckend homophoben Stimmen in der Öffentlichkeit - wie immer in Fällen von Teen Scream - nicht davon abhält, den Mädchen ständig zu unterstellen, sie wären auf einen gigantischen Schwindel hereingefallen. Die Rebellion gegen solch öde Besserwisserei, gegen diesen ganzen stumpfsinnigen, sexualneidischen, männlichen Anti-Pop-Reflex ist aber längst Teil des Fan-Codes! Und schärft, wie bei jeder intensiv gelebten Subkultur, die sich gegen massive Widerstände behaupten muss, alle fünf Sinne für ein eigenständiges und kreatives Dasein (und den sechsten fürs Vorausahnen von Gefahren noch dazu).
Aber so, wie der Rock'n'Roll tausend Tode stirbt, so macht die Zukunft tausend Anfänge: Es ist sicher kein Zufall, dass Tokio Hotel jetzt in ihrer glücklich-abgründigen Science-Fiction-Hymne "The Dark Side Of The Sun" (deutsche Version: "Sonnensystem") Frank Sinatras "My Way"-Evergreen zitieren, während sie ihre eigenen glorreichen Wege nachzeichnen: "Hello! The end is near, hello, we're still standing here - the future's just begun, on the dark side of the sun."
Humanoid "Humanoid", also maximal menschenähnlich, nennt sich das dritte Album, auf dem die Band es wagt, den bekannten TH-Sound auf erwachsene und verspielte Weise zu verändern. Es enthält jede Menge perfekter Pop-Songs im Goth-Rock-Gewand: hübsch und kränk, komplex und zum Mitsingen, bedeutungsleer und voller Bedeutungen, und all das zur selben Zeit. Was sicherlich auch ein Einfluss von renommierten internationalen Songwritern wie Guy Chambers (of Robbie-Williams-Fame), Desmond Child oder The Matrix ist, mit denen TH und ihr Songwriter-Team für ein paar Songs kollaboriert haben. Der gitarrengetriebene Hit "Automatisch" klagt mit Electro-Beats und hochfliegendem Gesang mimetisch das Maschine-Werden eines Gegenübers an und feiert zugleich wie in Trance sein All-out-of-love-Sein. Und das bereits erwähnte Glam-Rock-Manifest "The Dark Side Of The Sun", das sich auf Terry Pratchetts gleichnamigen Roman bezieht, toppt selbst Klassiker des Glam Rock, weil das größenwahnsinnige panische Szenario, das darin entworfen wird - dieser niedliche und krasse Tokio-Riot -, ja bereits in vollem Gange ist: "On the TV, in your place, on the radio oh. It's a riot, it's a riot, they say no, oh." Das "radio-hysteria" verkündende Lied verfügt über die Fähigkeiten des sogenannten perfekten Pop-Songs, das Außergewöhnliche aus dem Gewöhnlichen zu destillieren. Und gibt eine würdige Antwort auf dieses Style-konservative Rock-Jahrzehnt, das seine Superstars ständig sucht und verflucht - und dann nicht anders kann, als sie für ihre Individualität entweder zu lieben oder lieber doch zu hassen.
Es sind die Song gewordene Kombination aus Spontaneität und Strategie und der hohe Grad an selfmade Stilisierung, die Bill und Tom Kaulitz zu weltweiten Superstars in der boulevardisierten Pop-Manege machen. Das Ideal dieser Dekade besteht ja darin, extreme Emotionen kunstvoll kanalisieren zu können, eine Stimme zu haben, die zählt. Bill Kaulitz' Stimme und seine berüchtigten anrührenden Blicke haben dabei nichts von der eitlen Kälte, mit der David Bowie oder HIM-Sänger Ville Vallo einst ihre Kriegsbemalung trugen. Er bestürzt und beflügelt durch Herzlichkeit und Humor. Und macht Fans in aller Welt süchtig nach seiner und Toms medialer Präsenz auf Abertausenden Dokumenten im Netz. Zumal Zwillinge seit jeher als starke Projektionsfläche für die Wünsche der Gesellschaft benutzt werden. Die Umwelt sieht in ihnen etwas Besonderes, behandelt sie dadurch als Außenseiter und bekämpft gleichzeitig die Symptome dieses besonderen Status'.
Twin Towers Mensch, wir sind ganz schön aufgeregt vor dem Interview, wir treffen ja nicht jeden Tag eineiige extravagante Zwillinge, die wie wir aus einem Dorf vom Ende der Welt kommen, kaffeesüchtig und sonnenscheu sind und die darauf stehen, einen Aufstand zu initiieren.
Dann bauen sich Tom und Bill plötzlich vor uns auf, wirklich wie sehr große (1,90!) dunkle Engel, in viel Schwarz gekleidet, mit auffälligen Weiß-Kontrasten. Wie mimetisch mit ihren zwischen Licht und Dunkel changierenden Liedern. Die Boys wirken sehr nett, sind zu Scherzen aufgelegt und auch etwas nervös an diesem frühen Interviewtag. Sie strahlen extrem viel Energie aus, sodass sich schnell ein lebhaftes Gespräch entwickelt. Drummer Gustav und Bassist Georg sind nicht dabei, Pech gehabt, ist ja auch ein Zwillingstreffen.
Was bedeutet "Humanoid" für euch? B: Der Song hat wahnsinnig viele verschiedene Melodien und Einflüsse. Und genau das bedeutet "humanoid" für uns: ein Gefühl von Hin- und- Hergerissen-Sein und Nicht-wissen-wo-man-hingehört. Wir haben uns von den typischen Songstrukturen freigemacht und das Lied wie eine Geschichte aufgebaut: mit Höhen und Tiefen.
Wie kam es überhaupt zum neuen Sound? T: Wir wollten einfach mal ein paar andere Sachen ausprobieren. Dafür hatten wir die besten technischen Möglichkeiten. Unser Ziel war es, fette Songs zu haben und soundweltmäßig etwas Neues reinzukriegen. B: Es war echt so viel Detailarbeit. Wir haben die letzten Tage fast nicht geschlafen und bis zum Schluss daran herumgeschraubt. Tom und ich haben bei dem Album ja auch ko-produziert!
Wie hat man sich bei euch den Prozess des Songwritings vorzustellen? T: Früher sind 90 Prozent unserer Songs auf der Akustikgitarre entstanden, und man hat dann zusammenhängend im Studio geschaut, wie man sie umsetzt. Diesmal war es so, dass wir im Studio direkt komponiert und recordet haben. B: Unsere Produzenten haben uns beispielsweise etwas vorgespielt und gesagt: so und so in die Richtung. Dann hat Tom dazu eine Gitarre gespielt, oder ich habe etwas dazu gesungen. Es war ganz unterschiedlich, wie die Songs entstanden sind.
Der Song "Automatisch" klingt so, als wolltet ihr die Projektionen zurückgeben, die manche Leute auf euch als Star-Typen oder als Band haben: dass ihr "gemacht" seid, wie 'ne Maschine funktioniert usw. B: Super, dass das jemand erkennt! Genau so ist das Lied gemeint. Viele Leute haben ja ein Bild von uns und reagieren dann ganz automatisch. Vor allem in Begegnungen, die den ganzen Tag automatisch ablaufen. Man kriegt ja ganz wenig Echtheit aus Leuten raus, wenn man sie trifft.
Tokio Hotel müssen ja den Anforderungen eines erfolgreichen internationalen Acts gerecht werden. Eurer Auffassung einer Pop-Inszenierung kommt das offensichtlich entgegen ... B: Klamotten, Songtexte, Musik: Das gehört für mich alles zusammen. Es geht ja insgesamt um ein Gefühl, das man transportieren will. Ich mach auch total gern selbst Fotos und hab Bock auf den ganzen Modekram. Man kann sich auf diese Weise immer so viele kleine Träume erfüllen.
[zu Bill] Wir hatten die Theorie, dass du in seine Frisur-Richtung gegangen bist, weil er nicht in deine gehen wollte. T: [lacht] Sagen wir mal so: Ich war mein ganzes Leben so 'ne Art Vorbild für Bill. B: Als ich mich für die Dreadlocks entschieden hab, hab ich überhaupt nicht an seine gedacht - weil ich seine furchtbar fand! Das waren ja so Naturdinger. Und ich wollte ganz andere haben.
Gab es in eurem Leben als Zwillinge mal eine Phase, in der ihr nicht aufgefallen seid? B: Wenn man alleine unterwegs war, dann war das nicht so ein großes Thema. Aber wenn man zusammen auftaucht, dann unterhalten sich natürlich alle über einen. Auch, weil wir beide so verschieden aussehen. T: Das war schon früher so. B: Es gibt ja nichts Schöneres, als eineiige Zwillinge zu sein. Ich kann mir das gar nicht anders vorstellen. Tom und ich, wir sind so eins, wir sind so seelenverwandt. Ich kann nicht einen Tag ohne ihn auskommen!
Neben all der Begeisterung, die das auslöst, gibt es sicher auch viele Leute, die Angst vor dieser starken Einheit haben. T: Das ist uns oft begegnet, auf jeden Fall! In der siebten Klasse wurden wir aus genau dem Grund strafversetzt. Die Lehrer haben gesagt, unsere Meinung sei ihnen zu stark. B: [lacht] Wenn Tom und ich eine Meinung haben, dann kommt man daran nicht vorbei. Das ist schon hart. Auch für die Leute im Team.
Euer zwillingsbedingtes Zusammenhalten entspricht offenbar nicht den Normen einer Konkurrenzgesellschaft. B: Ja, das ist schon was Besonderes. T: Alle Leute haben immer gedacht: Wie krass sind die Typen unterwegs, dass die, wenn die so unterschiedlich gekleidet sind, überhaupt miteinander sprechen. B: So nach dem Motto: Wieso rennt einer, der offensichtlich HipHop hört, mit so 'nem Typen rum, der angemalte Augen hat?
Damit lebt ihr ja die Vision einer wirklich toleranten Gesellschaft. Weil, es wär ja toll, wenn sich so HipHop-Typen und so feminine Typen verstehen würden. B: Verstehen würden, ja, genau! T: Ich glaube, Leute könnten sich unglaublich gut ergänzen, wenn sie sich mehr zusammentun würden. Dadurch, dass jeder Gott sei Dank auch unterschiedliche Meinungen hat, ergänzt man sich unheimlich gut.
Schon schockierend, dass euch die Lehrer gedisst haben. Die hätten euch doch vor dem Mob beschützen müssen! B: Ja, genau, stattdessen hat der Lehrer, als wir strafversetzt wurden, den Schülern sogar gesagt, sie sollen Tom in seiner neuen Klasse ausgrenzen. T: Das kam neulich erst raus! Mein bester Freund ging in die Klasse, und der hat mir das erzählt. B: Wir haben das aber nicht zugelassen. T: Wir haben immer polarisiert. Das war eine gute Vorbereitung für heute. Für diesen Mut lieben euch ja auch die Fans. Und es ist toll, dass ihr die Mädchen dazu inspiriert, selbst richtig kreativ zu sein. B: Überall, wo wir sind, drücken sie uns ihre Songtexte und Demos und Zeichnungen in die Hand. Das ist echt cool.
Die Außerirdischen funken zu ihrem Planeten: Einst haben Tokio Hotel die Schulhöfe durcheinandergebracht; "Humanoid" aber könnte auch die erwachsenen Zweifler überzeugen, die bislang nur die blanken Posterboys in ihnen gesehen haben. Tokio Hotel sind zu gut fürs bloß Guilty-pleasure-Sein. Eine der letzten Wahrheiten, die diesem Jahrzehnt noch abzuringen ist. _________________
Das Musikprojekt "Der Schrei" feiert in Freiburg Premiere
"Lass raus, was in dir steckt!" Unter diesem Motto haben 200 Jugendliche aus Südbaden zusammen mit dem SWR-Synfonieorchester ein musikalisches Projekt gestemmt, das so manchen Skeptiker überzeugt haben dürfte.
Samstag Abend, 19.30 Uhr. Durch die junge Dame im Grundschulalter geht ein Ruck. "Schnell, die spielen schon", ruft sie auf dem Weg von der Tiefgarage zum Freiburger Konzerthaus ihrer Familie zu. Und tatsächlich trommelt es einem von oben schon mächtig entgegen – eine gute halbe Stunde vor Beginn des Konzertgroßereignisses. Vieles ist anders an diesem Abend. Die Dolden gelber Luftballons auf dem Platz vor dem Konzerthaus; das in der Alterstruktur deutlich bunter gemischte Publikum; die Musikgruppen auf dem Außenbalkon; die jungen Damen, die einen im Foyer freundlich, aber bestimmt auffordern, mit ihnen mal auf Kommando loszuschreien: Haben Sie heute schon geschrieen? – Äh, nein. – Na dann los, eins, zwei, drei. Und dann lässt auch so mancher Besucher mit Inbrunst raus, was die Kehle hergibt.
ENDLICH DER ERSTE TON
"Lass raus, was in dir steckt!" Das war die Parole zum einjährigen Projekt "Der Schrei", in dessen Mittelpunkt 200 Jugendliche aus der Region stehen, die das musikalische Miteinander mit dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg probten. Manch kritische Zeitgenossen argwöhnten dahinter einen populistischen Event, andere waren vom Scheitern des Projekts überzeugt: Klassik-Profis und musikalisch vollkommen unterschiedlich sozialisierte Jugendliche – das kann nicht funktionieren...
Und wie es funktioniert! Ein Grund dafür ist, neben aller harten Übe-, Arrangier- und Probearbeit, die spannende Dramaturgie des Abends. Aufgelöst sind die Konzertkonventionen: sich in den Saal setzen, warten, Orchester kommt, stimmt, Licht geht aus, Dirigent kommt, Applaus, Anspannung – und endlich der erste Ton. Der ist schon längst da, in Form von so genannten Signalrufen und Klanginseln, und irgendwann, kurz nach Acht, hören die Unterhaltungen im Foyer einfach auf, weil man spürt, da passiert etwas; die machen Musik, immer wieder anders, immer wieder aus anderen Ecken, in anderen Stilen, anderen Mischungen, aber mit der Wucht fortgesetzter riesiger Begeisterung. Die haben die beiden Motoren des Projekts, der Freiburger Musikpädagoge Werner Englert und Sylvain Cambreling, Chefdirigent der SWR-Sinfoniker, den jungen Leuten mit ihrem Konzept – Gratulation – offenbar wie einen Virus eingeimpft, der sich in atemberaubender Geschwindigkeit ausbreitet an diesem Abend.
Was passiert da eigentlich Alles? Man kann es gar nicht so leicht aufzählen, denn zu vielfältig und spontan sind die Eindrücke. "Der Schrei" ist vieles an diesem Abend: aufrüttelnd, erschütternd, berührend, laut, leise, freudig, traurig – nur eines ist er nicht: beliebig. Denn man erlebt so etwas wie eine gemischte Chronologie und Typologie des Schreiens, beginnend mit einer Art Urlaut und Sprechmotette, deren Botschaft auf den Beginn des menschlichen Lebens hindeutet: Am Anfang ist der Schrei. Immer mehr verästeln sich seine Charakteristiken, was im Programmheft mit "Zappen durch das Gefühlschaos" beschrieben wird. Und so unterschiedlich wie Schreie sein können, so unterschiedlich sind die musikalischen Metaphern dafür: zart, herzlich, ausgelassen, brutal.
MUSIKALISCHES DAUER-CRESCENDO
Daraus entstehen musikalische Collagen, die heterogener oft nicht sein könnten, manchmal mehr rhythmisch dominiert, manchmal durch ein stärker melodisches Instrumentarium. Hier ein Rap mit Saxophon und Violine, da auf den oberen Treppen des Foyers eine Trommler-Phalanx, zu deren Werkzeugen auch Plastikkanister und -eimer gehören, dort Guggemusik-Anklänge, die verrückt-impulsiven Streichquartettklänge des kanadischen Komponisten Raymond Murray Schafer oder die besonders bewegenden Beiträge von Behinderten.
Das alles läuft so ab, als könnte es gar nicht anders sein, auch der Wechsel vom Foyer in den Saal, ohne Aufforderung, ohne Pause. Und dann Beethoven – ta, ta, ta, taaa. Kombiniert mit Briefzitaten des ob seiner allmählichen Taubheit Aufschreienden, mit einem Trauermarsch-Blues im New-Orleans-Stil oder dem harten Beat nach Art des "Schrei"-Songs der Teenie-Band Tokio Hotel. Danach eine Rumba, bei der mal das Orchester begleitet und die perfekten Soli (Oboe, Klarinette) junger Musiker aufhorchen lassen. Und schließlich Salvatore Sciarrinos atomisierte, oft kaum hörbare Mikroklangmodule – Stille und Anspannung allüberall, auch beim Publikum. Klar, so kann der Abend nicht enden, und so gibt es ein furioses Finale mit allen Beteiligten, ein musikalisches Dauer-Crescendo, an dessen Ende eine freche Samba steht, für die Darius Milhauds witziger Titel "Le bœuf sur le toit" Pate stand. Der letzte Schrei ist nicht einstudiert: Es ist der jubelnde, fast ekstatische Aufschrei des Publikums nach dem Schlusstakt. Toll, toll, toll.
Die Jungs von Tokio Hotel sind allesamt in der im Untergang begriffenen DDR zur Welt gekommen, aufgewachsen in der dem Westen zugewandten Zone – und zurechtgemacht vom Musikbranchenriesen Sony BMG. Damit handelt es sich bei Tokio Hotel um das neue, das wahre, das erfolgreiche Gesicht Deutschlands, ob wir wollen oder nicht. Und für die Kritiker alle miteinander: die Tokio Hotels wünschen sich nur eine bessere Welt, und es ist allemal besser, wenn eure Kinder Tokio Hotel hören als Killerspiele… oder Aggro… oder Drogen… oder Doktorspiele… oder nicht?
Das Doppelherz von Tokio Hotel, der Sänger Bill Kaulitz und der Gitarrist Tom Kaulitz sind eineiige Zwillinge. Das sieht man nicht sofort, ist allerdings inzwischen sattsam bekannt. Die beiden, das merkt man, wenn man Interviews und Auftritte von Tokio Hotel bestaunt, sind das Herz der Gruppe. Das unterstreichen auch die Schreie der weiblichen Fans, ihre Banner, ihre Bemalungen. Der Bassist Georg Listing und der Schlagzeuger Gustav Schäfer sind weniger schmückendes als notwendiges Beiwerk zu Tokio Hotel.
Bill und Tom (Jahrgang 1989) wachsen in Magdeburg auf, werden, wie sie immer wieder betonen, von ihrem Stiefvater in ihren musikalischen Bedürfnissen beharrlich unterstützt. Auch Gustav ist Magdeburger, ein Jahr älter und damit ein Jahr jünger als Georg, der gebürtiger Hallenser ist (das Hans-Dietrich-Genscher-Halle an der Saale, manchmal könnte man meinen, dass Tokio Hotel nicht nur die Wendeband sondern auch der neuerliche Versuch ist, die Welt zu erobern).
Tokio Hotel - Devilish
Die Geschichte von Tokio Hotel geht so: Bill textet bereits einige Jahre und Tom spielt bereits einige Jahre Gitarre, Musik ist das Ziel. 2001 haben sie einen kleinen Gig in Magdeburg, dabei treffen sie die Herren Gustav und Georg. Gustav ist ein für sein Alter erfahrener Schlagzeuger, Georg steht vermutlich einfach etwas unglücklich in der Gegend rum. Man ist sich schnell einig: Tokio Hotel muss her, Devilish wird die Band zunächst heißen, soll die Pupsis wahrscheinlich härter machen – der Name spielt vielleicht auch auf das mutige Auftreten des Frontmannes an – Bill ist früh schwarz behaart, geschminkt und mit Sicherheit ein beliebtes Opfer für die Grobschlächtigen in der Klasse. Bill macht eh den Unterschied für Tokio Hotel. Gerne wird auch die Geschichte von seiner Teilnahme an einer dieser Casting-Shows (Star Search) in jener Zeit erzählt, aus der er sowohl einige Schulterklopfer und eine gute Portion Selbstbewusstsein als auch eine tiefe Abneigung gegen Castingprodukte mitnimmt.
2003 ist Tokio Hotel immerhin schon eine ganze Weile gereift. Man hat sich füreinander entschieden und nutzt die Möglichkeiten, die Metropolen wie Magdeburg bieten: Schulkonzerte. Und die Möglichkeiten, die einem das Schicksal und die Tüchtigkeit bisweilen gemeinsam zutragen: der Musikproduzent Peter Hoffmann, dem Bill aus der Star-Search-Sache im Gedächtnis hängen geblieben ist, arrangiert eine Übereinkunft mit dem Major Sony BMG, stellt ein Expertenteam zusammen (quasi Klinsmanns Hockeytrainer) und geht mit Tokio Hotel in Klausur (immer mit dem Einverständnis der Eltern, Lehrer und so).
Tokio Hotel - Der Name muss ab, die Haare müssen anders
2004 wird gearbeitet. Es ist insgesamt ein recht junges, engagiertes Team mit Peter Hoffmann und Pat Benzner (der Lollipop-Guru ), sowie Dave Roth und David Jost (Bed & Breakfast – aufregend, nach denen zu recherchieren) wird an Songs gewerkelt und ein großer, international verständlicher, sinnfreier Bandname mit einem Beamer an eine Hochhauswand geklatscht. Dem Namen Tokio Hotel hat sich schon so manch ein raffinierter Hase logisch zu nähern versucht, doch selbst die Bandmitglieder scheitern in der Regel kläglich bei dem Versuch, ihn (sich) zu erklären. Tokio Hotel ist allerdings eigentlich ganz logisch, halt Tokio + Hotel. Egal.
Wichtig ist die erste Single.
Und die ist – nun ja – ein Hit. Genauer: ein Nummer-1-Hit in Deutschland und in Österreich und in der Schweiz auf Platz fünf und in Frankreich auf Platz acht. Die alten Besserwessis werden jetzt gähnen, in ihren Backentaschen kramen und dann was von Nena oder so, deutschen Texten und „das waren noch Zeiten“ faseln. Das muss uns Freunde von Tokio Hotel allerdings nicht kümmern. Hier und jetzt sind es Tokio Hotel, die Frankreich rocken und dort vor allen Dingen kleine Mädchen. Auf eins folgt zwei, „Schrei“ ist die nächste Single von Tokio Hotel, nicht mehr ganz so erfolgreich, die Nena-Freunde atmen auf – und das Album „Schrei“, am 19.09.2005 auf dem Markt, beginnt in Europa die Runde zu machen.
Zunächst Polen, Ungarn, Schweiz, Frankreich – zu den Infos über die neuen Tourdaten gibt es noch immer laufend Berichte darüber, wie es die Jungens von Tokio Hotel mit ihrer Schule und die Eltern mit tourenden Pubertierenden halten. Auch muss mal eine Zwangspause eingelegt werden. Damit alle sehen können, dass alles mit rechten Dingen zugeht, gibt es die Tour von Tokio Hotel zu Weihnachten auf DVD „Leb Die Sekunde: Behind The Scenes“. Vivendi Universal weiß halt, was sich gehört.
Universal? Ach ja: Sony hat das Projekt „Tokio Hotel“ kurz vorm Zahltag eingestellt, so kann Universal sich den Goldesel in den Stall stellen.
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Es gibt Aufnahmen, da kann man sehen, wie erstaunt die Jungens von Tokio Hotel sind, zwischen gespielter Coolness und gespielter Freude bricht ab und zu ehrliches, freudiges Schaudern durch, wenn sie beispielsweise in Moskau von der Zuneigung der Fans erschlagen werden oder vor dem Mailänder Dom nicht nur singen, und nicht nur vor Publikum, sondern von Mädels umgarnt werden, die wegen Tokio Hotel vor Ort sind und für sie die Texte verinnerlicht haben. Und da ist es wurscht, von wem die Texte letztendlich sind. „Schrei“ ist der von Bill Kaulitz und „Durch Den Monsum“ geht es nur mit Bill Kaulitz.
Die Frauen kippen nach einem heiseren Kreischen in die Ohnmacht, die Bravo bekommt zum 57. Mal noch eine Chance. Dank Tokio Hotel. Was sich zu Merchandising-Zwecken nutzen lässt, wird gebraucht. Die vier Musiker finden sich in ihren Rollen, präsentieren sich zusehends als scharf voneinander abzugrenzende, himmlische Figuren. Die Pose ist erprobt, die Not gebiert Skurriles am Rande: Tokio Hotel bietet den Taxi-Eltern ein separates Unterhaltungsprogramm für die Dauer der Konzerte.
Preise regnen. Tokio Hotel gewinnen gegen alle. Bambi, Comet, Bravo Otto, Goldene Stimmgabel, Echo und EinsLive Krone – die Fans von Tokio Hotel gewinnen den Kreischwettbewerb, die Band sackt die Pokale ein.
2007 folgt das zweite Album von Tokio Hotel. „Zimmer 483“ entert nun auch in Dänemark die Charts, in Deutschland landet es standesgemäß auf Platz eins, in Österreich, der Schweiz und Frankreich immerhin auf dem zweiten Platz, die Single „Übers Ende Der Welt“ ist mindestens ebenso erfolgreich. Im Sommer folgt „Scream“, ein Album mit englischen Versionen der bekannten Hits, damit wird nahezu das komplette restliche Europa erreicht.
Seit 2006 ist mit den Killerpilzen der zur Marktsättigung obligatorische Gegenentwurf zu Tokio Hotel kommerziell erfolgreich. Schließlich mag nicht jeder Tokio Hotel, Erfolg und eigenwilliges Auftreten schafft laute Gegner.
Und nun?
Wir dürfen gespannt sein. Was passiert, wenn einer der Jungs keinen Bock mehr hat? Oder wer bleibt, wenn die kreischenden Mädels älter werden und sich mit süßen Träumen von ihren Angehimmelten und damit Tokio Hotel nicht mehr zufrieden geben? Möglicherweise haben die Jungs auch irgendwann keinen Bock mehr auf das Gekreische und bitten um Ruhe – oder ziehen sich in eine Kirche oder Tropfsteinhöhle zurück… Es kann sehr viel passieren. Aufregend bleibt es bestimmt noch eine Weile
die Tokio Hotels wünschen sich nur eine bessere Welt, und es ist allemal besser, wenn eure Kinder Tokio Hotel hören als Killerspiele… oder Aggro… oder Drogen… oder Doktorspiele… oder nicht?
Tokio Hotels Bill Kaulitz jammert: "Ich brauche Liebe!" Verfasst am Dec 3rd 2009 von Ralf Betz
Er ist doch noch einfach ein kleiner Junge. Wenn etwas nicht so richtig klappt, dann jammert er, dann strampelt er und dann hält er solange die Luft an, bis... bis er nicht mehr kann.
Der Frontmann von Tokio Hotel hat mit seinen gerade mal 20 Jahren wieder einmal festgestellt, dass das Leben gar nicht so einfach ist.
Da hatte er sich gerade mal wieder drei Stunden lang die Haare toupiert und wie immer mit verbundenen Augen Klamotten aus dem Schrank genommen, da hat er festgestellt, dass alles echt ätzend ist.
Was ist denn nun schon wieder Bill?
Bill Kaulitz ist nicht zufrieden zu stellen: Der 'Tokio Hotel'-Frontmann sei zwar beruflich rundum glücklich, doch privat quäle ihn die Einsamkeit. Und das, obwohl er ja mit seinen Kumpels immer zusammen ist. Tokio Hotel ist momentan die bekannteste und erfolgreichste deutsche Band auf dem Globus. Keine Gruppe zuvor hatte derartige Erfolge mit deutschsprachigen Texten in Frankreich oder Israel feiern können. Doch das ist Lead-Sänger Bill Kaulitz nicht genug. Ihm fehle vor allem eins: Die Liebe. (Da ist er nun nicht der Einzige!)
"Mit meiner Karriere bin ich total happy. Ich wünschte, privat würde es auch so gut laufen", sagte der 20-Jährige der 'Bravo'. "Ich kann unsere Erfolge gar nicht feiern oder genießen. Weil ich immer wieder etwas Neues zu tun habe. Und mir fehlt immer noch Liebe."
Der Frontmann von Tokio Hotel hatte seine letzte Freundin, als er 15 Jahre alt war. In einem Interview beklagte er vor kurzem: "Wenn ich mir meine letzten fünf Jahre so ansehe, gibt es gar keine Chance, mich zu verlieben. Es gibt keine Dates, und ich lerne auch niemanden normal kennen. Zu zwischenmenschlichen Kontakten kommt es einfach nicht."
Normalerweise würden wir an dieser Stelle ja raten: Einfach mal verkleidet auf die Straße gehen und sehen, was passiert. Aber in diesem Fall vielleicht einfach mal normal anziehen und Haare kämmen...
Der Sänger mit dem abgefahrenen Style könne ohne Security nicht auf die Straße gehen. Dem Jugendmagazin sagte er: "Ich geh' ja nie aus, nicht mal einkaufen!" Normale Freitagabende mit Kumpels in Bars kennt er nicht. "Gerade in Europa ist es für mich sehr schwer, alleine in einen Club zu gehen", beschwert er sich. "Selbst wenn Securitys dabei sind, kommt es mir eher wie eine Fotosession oder eine Autogrammstunde vor. Dann fühle ich mich fast wie ein Tier im Zoo."
Und leider, ja wirklich leider, ist es nicht einmal ein Streichelzoo. Aber vielleicht gibt es Hoffnung, vielleicht gibt es ein Zoo-Partnerprogramm und Bill bekommt eine weibliche Billy Kaulitza in sein Gehege...
Goldene Schallplatte! Tokio Hotel: Karriere doch nicht am Ende? Samstag, 15.Mai 2010 | 17:15 Uhr | Autor: Anica
In letzter Zeit gab es nicht besonders viel Positives über Tokio Hotel zu berichten. Ihre großangekündigte „Humanoid“-Tour zum gleichnamigen Album konnte weder die großen Erwartungen der Fans, noch die der Kritiker erfüllen. Bei den Konzerten versagte immer wieder die Technik, teilweise fiel sogar das Mikrofon von Sänger Bill Kaulitz (20) aus! Doch nicht nur die Technik spielte den vier Magdeburgern einen Streich. Der Vorverkauf für die Tour lief mehr als schlecht, die Band musste in halbleeren Hallen auftreten, weil die Fans einfach zu Hause blieben!
Damals fragten sich viele: Steht die Karriere von Tokio Hotel vor dem Aus? Offensichtlich nicht, wie sich nun zeigt! Die Band bekam jetzt nämlich bei ihrem ersten Besuch in Taiwan eine Goldene Schallplatte für ihr Album „Humanoid“! Die Hysterie um Bill Kaulitz und Co. scheint nun offensichtlich auch in Asien weiterzugehen. In Malaysia musste eine Autogrammstunde der Musiker abgebrochen werden. Grund: Tausende Fans waren völlig außer Rand und Band, die Situation drohte zu eskalieren!
Die Band dürften derartige Reaktionen sehr freuen und an alte Zeiten erinnern! Denn auch in Deutschland und Europa spielten sich noch vor einigen Monaten ähnliche Szenen ab. Erst in letzter Zeit verstummte der Kreisch-Alarm rund um Tokio Hotel immer mehr…
nur diese unterstellung mit den ständigen technischen pannen und das die fans unzufrieden waren mit den konzerten.... (ich war sehr zufrieden, nur so nebenbei^^)
Tokio Hotel mit Sennheiser auf “Welcome to Humanoid City”-Tour
Sie sind gerade mal zwanzig und haben schon zehnfach Platin abgeräumt, vier Nummer-Eins-Singles gelandet und verkaufen weltweit Stadien aus: die deutschen Superstars Tokio Hotel. Die Rockband aus Magdeburg ist Deutschlands größter Musikexportschlager. Ende Februar gehen Tokio Hotel mit ihrem vierten Album „Huma¬noid“ auf Tournee. Die „Welcome to Humanoid City”-Tour führt die Band in mehr als 30 der größten europäischen Hallen. Mikrofone und Draht¬lostechnik von Sennheiser sorgen dafür, dass Tokio-Hotel-Fans in ganz Europa eine unvergessliche Performance ihrer Helden erleben werden.
c: Sebastian Steffens
Tokio-Hotel-Frontmann Bill Kaulitz singt auf der “Welcome to Humanoid City”-Tour mit einem speziellen, Kristall-besetzten Sennheiser SKM 5200 Drahtlos¬mikrofon. „Das SKM 5200 sorgt für eine perfekte Funkübertragung. Und die brauchen wir für Shows dieser Größe“, kommentiert Monitor-Engineer Tom Vollmers die Wahl des Gesangsmikrofons für Bill Kaulitz. „Wir haben uns für die Mikrofonkapsel MD 5235 entschieden, weil wir damit eine hohe Rückkopplungs¬sicherheit haben und das Mikro gleichzeitig im Bassbereich sehr rund und kraftvoll klingt sowie im Sound insgesamt sehr klar ist“, erklärt Tontechnik-Altmeister Christopher Hedge, der auf der Tokio-Hotel-Tour für den FoH-Soundmix zuständig ist. Beide Toningenieure sind außerdem begeistert vom Headsetmikrofon HSP 4, das für die Backingvocals eingesetzt wird.
c: Sebastian Steffens
Taschensender SK 2000 sorgen bei den Konzerten für Gitarrist Tom Kaulitz und Bassist Georg Listing für Bewegungsfreiheit auf der Bühne. Neben den vier Bandmitgliedern arbeitet auf der “Welcome to Humanoid City”-Tour die gesamte Technikcrew mit dem drahtlosen Monitorsystem ew 300 IEM G3. Bei einem Funksystem mit acht Stereokanälen für das Monitoring, zwei Instrumentensendern SK 2000, einem drahtlosen SKM 5200 Gesangsmikrofon für die Lead Vocals und vor allen Dingen einer täglich wechselnden HF-Umgebung ist Übertragungssicherheit ein absolutes Muss. „Dank Sennheiser habe ich habe bisher immer freie Frequenzen gefunden, selbst in Gegenden mit mehreren TV- und Radiosendern, mit Funkaktivitäten von Flughäfen und bei Veranstaltungen, auf denen das Spektrum bereits durch viele andere Bands sehr voll war“, berichtet Christopher Hedge. Tom Vollmers pflichtet dem bei: „Sennheiser ist führend, was Zuverlässigkeit des Equipments und schnellen und kompetenten Support angeht, besonders die Unterstützung des Global Relations Teams möchte ich hervorheben. Sehr zufrieden bin ich mit den Monitorsystemen von Sennheiser. 1999 habe ich zum ersten Mal damit gearbeitet und das war das allererste Mal, dass ich nicht den halben Tag damit zugebracht habe, die Geräte neu einzustellen, um ein halbwegs gutes HF-Signal für die Musiker zu bekommen.“
Auf der “Welcome to Humanoid City”-Tour nehmen Instrumentenmikrofone aus der evolution-Serie das Schlagzeug von Drummer Gustav Schäfer ab. An der Kickdrum sind das e 901 und e 902 angebracht, an den Snares befindet sich das e 905, während drei e 904 sowie ein e 902 für perfekten Sound an den Toms bzw. der Gong Tom sorgen. „Das e 901 gefällt mir besonders gut für die Kickdrum“, erklärt Hedge. „Es sorgt für einen druckvollen Sound, klingt dabei aber gleichzeitig viel natürlicher als andere kabelgebundene Mikrofone. An den Toms liefert das e 904 einen sehr offenen, tiefen Sound.“ Vollmers ergänzt: „Für den Mesa Boogie Gitarrenverstärker benutzen wir ein e 906, ein MD 421-II nimmt den Bassverstärker ab. Das e 906 hat einen besonders warmen Sound und bildet alle Frequenzen sauber ab – nicht nur die Mitten, so wie andere Gitarrenmikros. Das MD 421-II ist natürlich ein Klassiker und die erste Wahl für einen Bassverstärker.“ Vier Kondensatormikrofone e 914 sorgen zudem als Ambience-Mikrofone dafür, dass Bill, Tom, Georg und Gustav die Begeisterung ihrer Fans auf der Bühne hautnah spüren können.
Die Sennheiser-Gruppe mit Sitz in der Wedemark (Region Hannover) ist einer der weltweit führenden Hersteller von Mikrofonen, Kopfhörern und drahtlosen Über¬tragungssystemen. 2008 erzielte das 1945 gegründete Familienunternehmen einen Umsatz von über 385 Millionen Euro. Weltweit hat Sennheiser über 2.100 Beschäftigte, davon 55% in Deutschland. Sennheiser fertigt in Deutschland, Irland und den USA und ist weltweit vertreten durch Tochtergesellschaften in Frankreich, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark (Nordic), Russland, Hongkong, Indien, Singapur, Japan, China, Kanada, Mexiko und den USA sowie durch langjährige Handelspartner in vielen anderen Ländern. Die Unternehmen Georg Neumann GmbH, Berlin (Studiomikrofone) und das Joint Venture Sennheiser Communications A/S (Headsets für PC, Office und Call Center) gehören ebenfalls zur Sennheiser-Gruppe.
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